Ihr wart im Urlaub? Ja – war klasse, vielleicht etwas kurz. Wo wart ihr? Auf den Balearen. Wo? Mallorca. Ach so, am Ballermann auf Malle – sag‘s doch gleich!
Schade, dass Mallorca als quasi 17. Bundesland diesen Ruf weg hat. Hat die Insel doch so viel mehr zu bieten abseits von Ballermann und Massentourismus. Da reichen acht Tage vor Ort gerade mal für einen groben Überblick. Mallorca, mit etwas über 3.600 km² Landfläche ist neben Menorca Cabrera, Ibiza und Formentera die größte der Baleareninseln. Palma de Mallorca mit ca. 430.000 Einwohnern ist nicht nur das Ballungszentrum, sondern auch die Hauptstadt der Provinz bzw. autonomen Region „Islas Baleares“.
Neben den Monumentalbauten im Altstadtbereich von Palma, lockt die lokale Metropole mit einer beeindruckenden Fußgängerzone, die mit über 20 km zu den längsten in Europa zählt. Unzählige Gassen reihen sich hier aneinander. Dazu Parks mit knorrigen Olivenbäumen. Etwas Abseits inmitten der Stadt historische Windmühlen. Ein wahrhaftiges Eldorado für jeder Mann und Frau die sich für die Street-Fotografie begeistert.
Abseits Palmas, schließt im Westen die Serra de Tramuntana an. Der Gebirgszug, der sich von der Südspitze bei Sant Elm bis an die Nordspitze der Insel am Cap Formentor zieht, beherbergt sechs Gipfel über 1.000m, wovon der Puig Major 1.445 m erreicht. Die dünn besiedelte Region (ca. 113.000 Einwohner auf 471,66 km², das entspricht 241 Einwohner pro Quadratkilometer, im Vergleich dazu Palma de Mallorca mit 1.994 Einwohnern pro Quadratkilometer) und zählt mit ihren historischen Kulturlandschaften bereits seit 2011 zum UNESCO-Welterbe.
Hier finden sich reichlich Landschaftskulissen abseits der Hotspots wie der Bergstraße nach Sa Calobra mit ihrer markanten Krawatte oder dem Leuchtturm an der Nordspitze von Cap Formentor. Zeit spielt hier einen wesentlichen Faktor, weniger in Form der optimalen Tageszeit – nein vielmehr in der Tatsache des „sich Zeit zu nehmen“. Allein diese Gebirgsgruppe für sich genommen, lädt ein für unzählige Besuche dieses mediterranen Eilandes. Dazu die kleinen Städte mit ihren Gärten, die sich an die steilen Bergflanken zu beiden Seiten des Gebirges betten bieten weitere Motivmöglichkeiten.
Östlich von Palma öffnet sich die Insel. Sanfte Hügel, bedeckt mit steinigen Feldern, die sich mit verwitterten Trockensteinmauern voneinander abgrenzen. Am Horizont, hier und da eine Hacienda sowie wild anmutende Wälder. Unser Augenmerk lag hier auf den beiden Städten Santanyi und Artá. Sie laden ein, mit ihren beschaulichen Gassen. Kleine Geschäfte mit Alltagsdingen, Boutiquen, Cafés, Galerien und kunsthandwerkliche Werkstätten – sie alle sind nicht allzu breit, doch der Blick ins Innere eröffnet ungeahnte Perspektiven auf die langen Höfe mit ihren Gärten. Diese werden kurzerhand in die Verkaufsfläche integriert und laden zum Verweilen ein.
Mehr Kunsthandwerk und vor allem frische Lebensmittel aus regionalem Anbau gibt es in Santanyi. Regelmäßig verwandeln sich die Gassen hier am Mittwoch sowie Samstag über die Vormittagsstunden zu einem einzigen Markt. Ruhiger und beschaulicher geht es an den anderen Tagen in dem kleinen Städtchen zu. Fotografisch hat sicherlich beides seinen Reiz. Für mich ergaben sich die stimmungsvollen Einblicke abseits des Markttreibens.
Stichwort Kunsthandwerk: in Santanyi, entdeckten wir in einem kleinen Hinterhof den Stand von Natalia Vinyes alias Vinyes Design. Sie präsentierte Gipsbilder, die in ihrer Erscheinung anfangs schlicht und unaufdringlich wirken und uns in ihren Bann zogen. Ähnliches wiederholte sich auf dem Markt von Sóller. Hier entdeckten wir den Stand von Alberto Diego. Er hat sich der Aquarellmalerei verschrieben und zeigt bekannte Inselmotive, auf eine stille wie beschauliche Art. Ebenfalls beeindruckt haben uns die Keramikarbeiten aus dem Atelier Nanomo Cerámica. Victoria formt das Rohmaterial zu schlichten, gut in der Hand liegenden Alltagsgegenständen, die den Blick immer wieder auf sich ziehen.
Artá überraschte uns neben seinen Gassen mit der Wallfahrtskirche San Salvador auf, die auf einer Hügelkuppe oberhalb der Stadt thront. Sie ist umzogen von einer Befestigungsmauer mit Zinnen und Wachtürmen. Erklommen wir diese Hügelkuppe in der späten Nachmittagssonne über steile Serpentinen, freuten wir uns im Anschluss auf einen kühlen Fruchtmix im Schatten des Gartens. Auf dem Weg zurück in die Stadt, nahmen wir die Treppe auf der Südostseite, die uns weitere schöne Straßenzüge mit Licht und Schatten bot.
Schonmal da oben in der Gegend, nutzten wir Cala Rajada zum Abendessen, bevor wir uns dem Faro de Capdepera, dem hiesigen Leuchtturm in der Abenddämmerung zuwandten. Auch wenn hier der Leuchtturm im Fokus stand, dieser kleine felsige Vorsprung bietet eine Vielzahl eigenständiger Motive…
Die Ostküste ist bekannt für ihre unzähligen Buchten, von denen sich einige wenige auch heute noch naturnah erleben lassen. Kleine Ortschaften am Ende fjordähnlicher Wasserarme mit verbliebenen Fischereihäfen sind selten geworden. Andere Buchten hingegen fielen vollständig dem Massentourismus zum Opfer.
Sehenswert ist Cala Figuera, hier reihen sich wie aus einer längst vergangenen Zeit die kleinen Fischerboote wie eh und je aneinander. Die Bootshäuser weiß getüncht mir grünen Toren unterhalb der Häuser – ein echter Hingucker. Ein Stück weiter westlich auf dem Weg zum Platja des Trenc, erheben sich die weißen Salzberge der „Salines des Trenc“. Das kleine Café mit seinen schattigen plätzen lädt auf Heiß- oder auch Kaltgetränke ein. Der schmalen Straße folgend, endet diese nach einigen Kilometern auf einem Sammelparkplatz. Ab hier geht es zu Fuß weiter zum Strand, der uns mit einer weitläufigen Bucht und azurblauem Wasser unter einem strahlend blauen Himmel empfängt.
Weiter nordöstlich wartet Porto Cristo mit einer unterirdischen Sensation auf. Die Cuevas del Drach, eine der zahlreichen Tropfsteinhöhlen der Region. Ihre Besonderheit bildet der unterirdische See, der weltweit zu den größten Höhlenseen seiner Art zählt. Etwas ernüchternd ist das Besuchermanagement, hier werden jeweils Gruppen zu ungefähr 500 Besuchern im Stundentakt eingelassen. Dennoch, der Besuch der Höhle ist ein echtes Highlight.
All die kleinen Buchten und Felsenkuriositäten aufzuzählen wäre ein unnützes Unterfangen. Stellvertretend folgt hier ein Ausflug nach Cala Llombards. Die kleine Bucht mit den anschließenden Fischerhäusern, lässt erahnen welche Naturschönheiten die Insel mit historisch gewachsenen Kultureinflüssen vor den touristischen Auswüchsen einstmals beherbergte.