Fotoreise Normandie 2025

Ende Februar – Anfang März ging es mit einer fotobegeisterten Gruppe von Thürmer Tours an die normannische Atlantikküste. Standen im Frühjahr 2023 und 2024 die Kreidefelsen von Étretat im Vordergrund, haben wir die Route für dieses Jahr modifiziert und den spontanen Tagesausflug an den Mont Saint Michel aus den Vorjahren als weiteres Highlight fix in die Route integriert.

Starten Fotoreisen häufig am oder mit dem Wochenende, verfolgten wir mit dem Start der Fotoreise in die Normandie am Dienstag ein ganz bestimmtes Ziel. Doch dazu später mehr.

Unser erster Fixpunkt: die Kreidefelsen der Alabasterküste mit Unterbringung in Étretat, genauer gesagt im Hôtel Le Rayon Vert direkt gegenüber der Strandpromenade. Die Nähe der Unterkunft zu den Wellen, bescherte uns in den Zimmern bei geöffnetem Fenster den unaufhörlichen Klang der Kieselsteine. Sie rollen mit jeder Welle der kraftvollen Brandung ans Ufer und werden von der Strömung des abfließenden Atlantiks wieder mit hinausgezogen. Der Höhenunterschied der sich dort, gegenüber unserem Hotel an dem kurzen Strandstreifen zwischen den Kreidefelsen links und rechts des Taleinschnittes ergibt, ist beachtlich. Gleiches gilt für den Tidenhub der Gezeiten, der hier mehrere Meter beträgt.

Fotografisch starteten wir unsere Fotoreise am Mittwochmoren, bei bedecktem Himmel und auflaufender Flut. Unser Blick, flankiert von den steil emporragenden Kreidefelsen, reicht weit auf den Atlantik hinaus. Als die Brandung der kommenden Flut den Sicherheitsabstand zur Promenade überspülte, wechselten wir von Gummistiefeln auf festes Schuhwerk und erklommen die knapp einhundert Höhenmeter zum Aussichtpunkt oberhalb der Porte d‘Aval.

Von dort reicht der Blick im Norden, über den Strand von Étretat und die anschließenden Kreidefelsen bis zum Horizont. Beim Blick auf den Ozean fühlte ich mich lange Zeit an den Blick frühere Generationen erinnert. Es heißt, der Blick auf das Meer lässt genau das Sehen, was unsere Altvorderen ebenfalls sahen. Im Zeitalter der erneuerbaren Energien ist diese Aussage nicht mehr so zutreffend. Mein Auge erblickte eine Reihe von Windparks, die hier in Küstennähe zwischen Le Havre und Fécamp Strom produzieren. Der Blick nach Süden offenbart die Kreideküste vom Strand, an dem sich die Wellen brechen hinauf bis zur Hangkante des Plateaus im Detail. Hier lässt sich gut erkennen, wie Wind und Wetter an dem weichen Gestein arbeiten und es Tag ein, Tag aus formen.

So einladend und beeindruckend die Aussicht auf dem Aussichtspunkt auch ist – den aufziehenden Regen wetterten wir warm und trocken bis zum späteren Nachmittag im Hotel ab.

Die Regenradare der gängigen Wetterdienste versprachen zum späteren Nachmittag trockene Stunden. So brachen wir guter Dinge auf der Küstenstraße nach Norden in Richtung Yport auf. Am Hafen angekommen mussten wir uns der ernüchternden Tatsache stellen, dass sich die Vorhersagen der Regenradare eher an theoretischen Modellen orientieren als an der physischen Realität. Das sollte uns allerdings nicht vom Fotografieren abhalten.

Auf dem Rückweg gen Süden klarte der Himmel doch noch auf, so dass wir zwei spontane Stopps am bzw. über dem Plage de Vaucottes einlegten, bevor wir die Abendsonne oberhalb der Porte d’Amont hoch über dem Strand von Étretat genossen.

Donnerstag brachen wir nach dem Frühstück mit den abziehenden Regenwolken in Richtung Süden auf. Ziel eine Bunkeranlage des Atlantikwalls, die zwischenzeitlich, weitgehend freistehend, über dem Strand an der Steilküste hängt.

Die letzten Regenwolken lösten sich über die Vormittagsstunden auf, so dass sich für den Rückweg eine fotografische Wanderung auf dem GR 21 zwischen dem Valleuse d’Antifer und Étretat anbot. Im Handumdrehen setzte ich die Teilnehmenden nahe dem Golf-Club ab, unseren Bus parkte ich am Hotel und ging der Gruppe entgegen.

Nach einer ausgiebigen Mittagspause brachen wir in den Nachmittagsstunden erneut in das Valleuse d’Antifer auf. Vom Parkplatz ging es zu Fuß durch das Tal hinunter an Strand und rechter Hand weiter zum „Schlüsselloch“. Einem Durchgang im Kreidefels unterhalb des Pointe de la Courtine, mit dessen passieren wir uns dem vorgelagerten Riff le Pertuiser näherten. Von hier aus lässt sich die gut 50 m hohe l’Aiguille durch das Felsentour (la Manneporte) in Szene setzten.

Wie sich die Küste gerade hier in diesem Abschnitt in den vergangenen 25 Jahren verändert hat, zeigen verschiedene Aufnahmen von Elger Esser, in „Cap D’Antifer – Étretat“, erschienen 2002 im Schirmer/Mosel Verlag.

Es ist bereits Freitag, als wir uns in den Vormittagsstunden auf den Weg in die Küstenstadt Fécamp begaben. Es ist ein kurzes Gastspiel, in welchem wir uns den Leuchttürmen an der Hafeneinfahrt widmen. Interessanter empfand ich die Kreidefelsen bei Plage des Petites Dalles. Doch sollte uns dort ein vorangegangener Felssturz die ersehnte Perspektive bei Flut verweigern.

Auf dem Weg ins Valleuse de Senneville-sur-Fécamp legten wir einen Zwischenstopp in Plage des Grandes Dalles ein. Wie kurz zuvor in Klein-Dalles ragen auch hier die Kreidefelsen links und rechts steil über den Strand empor. Dabei erreichen die Felswände eine Höhe von 90 bis 100 m. Wie bereits bei früheren Touren, stand von Zeit zu Zeit die Frage im Raum, wie lange es braucht, bis sich solch mächtige Felswände bilden? Nach einigen Recherchen bin ich auf folgende Angaben gestoßen: Ein Zentimeter Wachstum der Kreidefelsen entlang der Alabasterküste benötigt ca. 20.000 Jahre. Jahrtausende für einen Zentimeter Kreidefelsen, der sich mehr und mehr durch die Ablagerung winziger Kalkskelette sogenannter Kalkflagellate am Meeresboden empor hob. Gehen wir von einer Höhe von 100 m aus, sind das grob geschätzt 200 Millionen Jahre Entstehungsgeschichte. Hinzu kommt die Zeit, in der die Felswände aus ungefähr 300 m Tiefe vom Meeresgrund über die Wasseroberfläche gelangten. Ebenso wie sie unter dem ständigen Einfluss von Wind und Wetter erodieren und letzten Endes die uns bekannten Felsformationen zum Vorschein brachten.

Im Val de la Mer in Senneville-sur-Fécamp angekommen, hieß es erneut Treppen runter – Standlauf – Treppen rauf. Doch so schnell sich die Worte schreiben bzw. lesen – wir verbrachten Stunden mit der Motivsuche zwischen den großen, mächtigen Kreidefelsen, die sich hier nach ihrem Abbruch von der Felsenkannte am Rand der Brandung betteten.

Nach unserer vierten Übernachtung in Étretat kehrten wir der Alabasterküste den Rücken zu. Es ging weiter nach Süden, über die Ponte de Normandie in die kleine Hafenstadt Honfleur an der südlichen Seine-Mündung. Überrascht über den Trubel in der historischen Altstadt, warfen wir uns ins Getümmel des Samstagmarkts, der sich in den engen Straßen und Gassen der pittoresken Hafenstadt verteilte.

Weiter ging es auf direktem Weg in die Baie du Mont-Saint-Michel. Eingecheckt im Hôtel Mercure Mont Saint-Michel in der vorgelagerten Ortschaft, rüsteten wir uns für eine erste Abendsession an dem Monolithen inmitten des normannischen Wattenmeeres.

Sprach ich eingangs über unsere leicht verschobene Reisezeit, wird am Sonntagmorgen auf eindrucksvolle Weise das verrückte Reisedatum sichtbar: Der Höchststand der Flut ist für 8Uhr36 vorhergesagt. Zudem ist es die höchste Flut, die in dieser Mondphase auf den Granitberg treffen soll. Die Chancen, dass die Insel temporär zur Insel wird ist sehr groß.

Zum Frühstück trafen wir uns um 7Uhr00 um dann gegen 7Uhr30 mit dem Pendelbus in Richtung Mont Saint Michel aufzubrechen. Das erwartete Spektakel wirft seine Schatten voraus: die Feuerwehr macht sich mit Amphibienfahrzeug auf den Weg, um bei einem unvorhergesehenen Notfall agieren zu können. Während unserer Fahrt über die Brücke, stand die Flut bereits deutlich erkennbar höher als für gewöhnlich. Von der Endhaltestelle des Pendelbusses bis zum Eingang in die historischen Gemäuer sind es ca. 300 m, wovon die ersten 200 m noch auf der Brücke die um 2015, nach Abriss des alten Dammes in Betrieb genommen wurde verlaufen. Die Menschenansammlung am Ende der Brücke verrät auf den letzten Metern, dass sich die Flut bereits über die vorgelagerte Betonfläche ausbreitete. Bis sich der Mont Saint Michel kurzzeitig als Insel zeigt, sollte es noch einige Minuten vergehen.

Kurz bevor die Flut ihren höchsten Stand erreichte, schloss sich schließlich die Wasserfläche auf dem betonierten Vorfeld und das Spektakel war perfekt. Auch wenn sich die Goldene Stunde bereits wieder verabschiedet hat, das Motiv zeigt sich bei wolkenlosem Himmel von seiner Schokoladenseite…

Während sich die Gruppe über dieses seltene Spektakel freut, bin ich beseelt – ging doch in den vorangegangenen Minuten für mich ein Jugendtraum, den Mont Saint Michel als Insel zu erleben in Erfüllung.

Gemeinsam begaben wir uns auf den Weg in Richtung Hotel um die Stativ samt der winddichten Bekleidung abzulegen. Im Anschluss zog es uns für Stunden in die Abtei mit ihren altehrwürdigen Gemäuern, denen wir uns ausgiebig fotografisch zuwandten. Gleiches galt für die darauffolgende Abenddämmerung, die wir wieder ausgestattet mit Stativ und warmer, winddichter Oberbekleidung in den schmalen Gassen der Altstadt unterhalb der Abtei zubrachten.

Auch wenn uns das Gefühl begleitete, dass wir erst vor kurzem aufgebrochen sind, starteten wir am Montag in unseren letzten gemeinsamen Reisetag vor der Rückfahrt. Diesen verbrachten wir auf dem Vorland in den Marschen auf der Suche nach Motiven auf die Pyramide des Abendlandes, wie der Granitberg auch gerne bezeichnet wird. Die Nachmittagsstunden verbrachten wir bei einem fotografischen Stadtbummel mit Café-Einlage durch die Altstadt von Dinan, bevor es dann am Dienstagmorgen direkt nach dem Frühstück quer durch Frankreich wieder in Richtung Deutschland ging.

Wer sich auf die Suche nach passenden Coffee-Table-Books begibt, wird beim weiter oben bereits erwähnten Elger Esser unter dem Titel „Mont-Saint-Michel“ oder auch bei dem englischen Fotografen Michael Kenna unter den Titeln „Mont St Michel“ bzw. „Mont-Saint-Michel“ fündig. Hier empfehle ich allerdings (dringend) im Vorfeld die Preise zu vergleichen.

Auf der Suche nach Infos rund um die Alabasterküste, lohnt sich ein Blick auf die impressionistische Route des normannischen Tourismusverbandes. Einen Ausflug auf den Spuren der Impressionisten, bietet auch die c’t Fotografie in ihrem Sonderheft 2024/25 auf den Seiten 60 bis 69 unter dem Titel „Normandie – Auf den Spuren der Impressionisten“.